Themenkreis Inklusion und gesellschaftlicher Zusammenhalt Workshop: Gender-Marker in Wiederaufbauprojekten
Eine thematische Einführung gab es von Isadora Quay (Gender in Emergencies Group (Externer Link)), die Kurse zu Gender-Markern hält und die CARE-Gender-Marker mitentworfen hat. Mit diesen könne man laut Quay feststellen, wie sehr Gender in die Projektplanung und -implementierung integriert wurde.
Die Einbeziehung von Genderaspekten in der Projektarbeit sei oft eine Voraussetzung von Geberländern, gerade von europäischer Seite. Diese schrieben laut Quay meist die Nutzung des OECD-DAC-Gender-Markers (Externer Link) vor.
Gender-Marker seien laut Quay kein Werkzeug ausschließlich für Genderexpert*innen, sondern für alle im Team, die ihr Projekt verbessern wollen. Wie denken wir zum Thema? Wo können wir uns verbessern? Mit solchen einfachen Fragen und einem damit verbundenen Punktesystem könne jede und jeder konstruktive Beiträge zum Projekterfolg geben, so Isadora Quay.
Sie sieht die Vorteile von Gender-Markern wie folgt: „Das ist das Geheimnis, wie wir die Gleichstellung der Geschlechter in unserer Arbeit verbessern können – indem wir ein offenes Gespräch darüber führen, wie wir alle diese Arbeit besser machen können. (…) die Gender-Marker ermöglichen uns eine gemeinsame Sprache für diese Gespräche.“
Auch Ganna Gerasymenko von CARE Ukraine (Externer Link) bestätigt den Erfolg von Gender-Markern. Für sie etablierten die CARE-Gender-Marker einen Mindeststandard über alle Vorhaben hinweg und förderten Rechenschaft und Transparenz.
Dabei unterscheide CARE zwischen 5 verschiedenen Stufen an gegenderter Planung, die von genderunbewusst („Ignoriert gesellschaftliche Normen“) über gendersensibel („Passt sich an die Herausforderung an“) bis hin zu gendertransformativ („Verändert aktiv gesellschaftliche Normen“) reichten.
CARE benutze laut Gerasymenko zwei unterschiedlich anspruchsvolle Fragenkataloge – abhängig davon, ob ein Projekt das Ziel habe, gendersensibel oder gendertransformativ zu wirken. Gemessen würden jeweils Analyse, Aktivitäten, Mittel zur Mitsprache und Rechenschaftssysteme, wobei durch den gesamten Projektzyklus hindurch Anforderungen und Umsetzung immer wieder überprüft würden. Teil des Anspruchs sei, einen konstanten Dialog zu führen.
Auch Partnerorganisationen würden laut Gerasymenko bei dem Prozess miteinbezogen, um einen Blick von außen zu bieten. Teams hielten zudem regelmäßig Workshops zum Austausch und zur Reflektion ab.
In der Ukraine konnte CARE den Anteil an gendertransformativen und auf gesellschaftlichen Wandel bedachten Initiativen steigern, von 18 Prozent im Jahr 2023 auf 73 Prozent in diesem Jahr. Besondere Herausforderungen stellten sich allerdings weiterhin bei der Einbeziehung von Männern und Jungen, so Gerasymenko.
Ähnlichen Herausforderungen begegnete auch Daryna Ivchenko (Divchata/NGO Girls (Externer Link)). Gender-Marker böten ihrer Organisation konkrete Hilfe im Projektdesign und würden in allen Projekten umgesetzt.
Bei der Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt lag der Fokus von NGO Girls anfangs auf Frauen. Ivchenko und ihr Team wollten mehr Männer einbeziehen, stießen aber auf Widerstand: Für viele Männer wurden Themen angesprochen, die nicht dem traditionellen Rollenbild entsprachen. Auch die Angst junger Männer, zum Wehrdienst eingezogen zu werden, stellte eine Herausforderung dar. Nach einer grundsätzlichen Analyse mithilfe von Gender-Markern fand man aber Lösungen: Männliche Psychotherapeuten wurden eingesetzt, um Vertrauen aufzubauen. Zudem wurden Aktivitäten mit Männern geplant, bei denen keine Ausweispapiere geteilt werden mussten.
Dass sich Rollenbilder ändern können, zeigt die Erfahrung von Tymofii Saitarly, Leiter der Nichtregierungsorganisation Safe Space (Externer Link) in Saporischschja. Die Organisation bietet Unterstützung für Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt.
Durch den Krieg waren Rollenbilder laut Saitarly im Wandel begriffen. In Saporischschja konnten Gender-Marker eingesetzt werden, um die Mobilisierung von Frauen zu unterstützen: Seine Nichtregierungsorganisation brachte sich ein, um transformativ zu wirken, die Rollen von Frauen auf lokaler Ebene zu ändern und sie bei der Suche nach mehr Verantwortung zu unterstützen. Auch konnte eine regionale Koalition gebildet werden, um Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates („Frauen, Frieden Und Sicherheit“ (Externer Link)) durchzusetzen.
Zentraler Bestandteil des Workshops war die Arbeit an einem Fallbeispiel, das die Teilnehmenden anhand eines Gender-Markers evaluieren konnten und dabei von den unterschiedlichen Perspektiven der Anwesenden profitieren durften. Wer sein Wissen zu Gender-Markern vertiefen möchte, wird hier fündig:
- How To Series – Implementing Gender Equality Markers (Externer Link)
- Gender in Emergencies: Kurs zu Gender Markern (Externer Link)
- CARE International Leitfäden und Informationen zu Gender-Markern (Externer Link)
Alle Präsentationen der Referent*innen und eine Aufnahme der Veranstaltung finden Sie am Anfang des Artikels.