Plattform Wiederaufbau Ukraine

Themenkreis Transparenz und Gute Regierungsführung Fachveranstaltung zu „Desinformationen im Kontext des Wiederaufbaus der Ukraine“

Desinformationen bergen für den demokratischen Diskurs ein großes Risiko. Das gilt auch für Deutschland. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ist eine deutliche Zunahme russischer Desinformation auch in Deutschland festzustellen. Das Ziel? Falsche Narrative über die Ukraine und den Kriegsverlauf zu verbreiten und dadurch die gesellschaftliche und politische Unterstützung der Ukraine zu schmälern. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Konzept „Desinformation“? Welche Strategien zur Bekämpfung gibt es und welche Relevanz haben sie für den Wiederaufbau der Ukraine? Das alles ist Thema der Fachveranstaltung zu „Desinformation im Kontext des Wiederaufbaus der Ukraine am 16. September 2024.

Weitere Informationen

Die Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie hier (Externer Link).

Hier finden Sie die Präsentation von Dr. Dennis Reineck (DWA) (PDF, 2 MB).

Hier finden Sie die Präsentation von Mircea-Nicolae Nanca (EAD) (PDF 3 MB)

Dr. Dennis Reineck erklärt die Definition von "Disinformation" in Abgrenzung zu "Misinformation" und "Malinformation".

Dr. Dennis Reineck erklärt die Definition von „Disinformation“ in Abgrenzung zu „Misinformation“ und „Malinformation“.

Dr. Dennis Reineck erklärt die Definition von Disinformation in Abgrenzung zu Misinformation und Malinformation.

Dr. Dennis Reineck (Deutsche Welle Akademie, DWA) erläutert die Definition der Nichtregierungsorganisation First Draft (Externer Link), die zwischen ähnlich klingenden Begriffen unterscheidet:

Während „Misinformation“ eher dem deutschen Wort „Fehlinformation“ entspreche, bei dem unwissentlich falsche Informationen geteilt werden, handele es sich bei „Malinformation“ um faktisch richtige Informationen, die vorsätzlich in einen falschen Kontext gesetzt werden. Auch bei der Desinformation verfolgten die Absender*innen eine klare Strategie, denn diese „ist (…) absichtlich [dazu geschaffen], um andere Menschen in die Irre zu führen.“

Im Kontext der Kriegsberichterstattung nennt Dr. Reineck eine weitere wichtige Kategorie: Bei der „Foreign Information Manipulation and Interference (Externer Link)“ (FIMI) geht es „um ausländische Akteur*innen, die versuchen, durch manipulative Verhaltensweisen und Kampagnen über diverse Kanäle Einfluss zu nehmen und destabilisierend zu wirken.“ Eine Studie des Europäischen Auswärtigen Dienstes (Externer Link) (EAD) von 2022 identifizierte Russland als zentralen Akteur in diesem Bereich, vor allem im Kontext des Krieges in der Ukraine. Die grundlegende Unsicherheit der Informationen in Kriegskontexten machen sich laut Dr. Reineck „Menschen, die irreführende Tatsachenbehauptungen streuen zu Nutze, [um] weiter Zweifel zu sähen.“ Diese sogenannte „Dividende der Lügner“ könne ein grundlegendes Misstrauen gegenüber der öffentlichen Berichterstattung herbeiführen. Stattdessen könnten sich Menschen dann alternativen Informationskanälen zuwenden, wie zum Beispiel Telegramm-Kanälen, die teils dubiose Quellen nutzen.

Als Werkzeuge, um gegen Desinformationskampagnen vorzugehen nennt er den Faktencheck durch professionelle Journalist*innen, die Regulierung durch Gesetze, sowie die Stärkung der Medienkompetenz der Bürger*innen. Hier verweist Dr. Reineck auf den „Learning Guide (Externer Link)“ und einen wissenschaftlichen Artikel der DWA (Externer Link).


Die Bekämpfung von FIMI hat auch für die EU hohe Relevanz. Mircea-Nicolae Nanca (Strategische Kommunikation des EAD) betont, wie wichtig die europäische, aber auch die innergesellschaftliche Zusammenarbeit in diesem Bereich sei. „Keine Regierung oder intergouvernementale Organisation hat das Mandat oder sollte es haben, um das Problem (…) allein anzugehen.“ Erforderlich sei ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz, in dem alle Akteur*innen, von staatlicher bis privater Ebene, an einem Strang ziehen.

Mircea-Nicolae Nanca präsentiert eine Bandbreite an Werkzeugen zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen.

Mircea-Nicolae Nanca präsentiert eine Bandbreite an Werkzeugen zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen.

Mircea-Nicolae Nanca präsentiert eine Bandbreite an Werkzeugen zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen.

Sein Team fokussiere sich explizit auf die Strategie und Koordination hinter den Desinformationskampagnen.

„Oft haben sich Analysten zu stark auf die Narrative bestimmter Kampagnen fokussiert und (…) zu wenig Aufmerksamkeit auf die Taktiken zur Verbreitung (…) gelegt.“

Entsprechend des gesamtgesellschaftlichen Ansatzes präsentiert er eine Bandbreite von Werkzeugen zur Bekämpfung von Desinformationskampagnen, die von Gesetzen auf EU-Ebene bis hin zu Medienbildung der Bürger*innen reichen. Dass die Fülle an Werkzeugen notwendig ist, belegt Nanca, indem er die zunehmende Komplexität der Desinformationskampagnen aufzeigt: „[Die dahinterstehenden Akteur*innen] haben aufgehört, nur geradlinige Methoden anzuwenden (…). Stattdessen versuchen sie mittlerweile, ihre manipulativen Narrative durch verschiedene Methoden zu tarnen.“

Er erklärt, dass die Ursprünge der Manipulationen oft in den undurchsichtigen Ecken des Internets lägen, bei sozialen Medien, die sich nicht den europäischen Gesetzen unterordnen würden. Als Beispiel nennt er den Messenger-Dienst Telegram: „Von dort werden sie durch Pseudo-Nachrichtenseiten, die meist glaubwürdige westliche Medien imitieren, verbreitet. Schließlich werden diese Artikel dann von russischen Diplomaten, Staatsmedien und einem komplexen System von Pseudo-Nachrichten-Websites (…) zitiert.“ Mithilfe dieses Systems sei es Russland möglich, innerhalb kürzester Zeit viele Millionen Menschen im In- und Ausland mit Desinformationen zu erreichen.

Um diese Kampagnen zu bekämpfen und Bürger*innen aufzuklären, hat Mircea-Nicolae Nancas „StratCom“-Team die Website EUvsDisinfo (Externer Link) eingerichtet, auf der aktuelle Informationen zur Verfügung stehen. In ihrer Datenbank habe das Team bereits 17.000 Fälle von Desinformation festgehalten. Darüber hinaus arbeite es mit eigenen Kommunikationskampagnen zur Offenlegung russischer Desinformationskampagnen und fördere den Kapazitätsaufbau gesellschaftlicher Akteur*innen durch Schulungen.